Viele Beobachtungen haben mich zu diesem Blogbeitrag geführt. Für viele Menschen, die sich auf einem spirituellen Weg befinden, mag dieser Beitrag eher verstörend sein. Denn in bestimmten Strömungen spiritueller Lehren wird betont, dass alles aus unserem Bewusstsein entsteht, alles in uns ist, also gibt es demzufolge auch keine Außen- oder Umwelt oder gar ein Umfeld. Wozu dann hinterfragen, ob man sich im richtigen Umfeld bewegt, wenn es das doch sowieso nicht gibt?!?!
Diese Annahme, dass die Welt in mir sei, ist durchaus nicht falsch, aber sie ist auch nur teilweise wahr. Denn wir alle sind eingebunden, wir alle sind auch sozusagen eins mit allem, was es hier in dieser Galaxie gibt. Doch es gibt auch ein “Außen”. Es ist spannend und wichtig sich auch im Bereich des Coachings und der Selbsterkenntnis mit seinem Außen, seinem Umfeld zu beschäftigen.
Bist Du in Deinem richtigen Umfeld?
Bevor ich darauf eingehe, hier auch noch ein Blickwinkel aus der Natur, der sehr wohl zeigt, wie wichtig oder auch hemmend das Umfeld ist. Da ich viel fermentiere, gibt es in diesem Bereich einen Königssatz: Die Mikrobe ist nichts, das Umfeld ist alles. Wenn ich Lebensmittel fermentieren will, muss ich für die entsprechenden Bakterien ein Umfeld bilden, das dem Fermentationsprozess förderlich ist, und z.B. dem Milieu der Schimmelpilze muss ich es quasi ungemütlich machen, so dass sich die Kulturen vermehren, die ich haben möchte und die anderen verdrängt werden.
Wenn ich Pflanzen anbaue, vertragen sich manche nachbarschaftlich gar nicht und schädigen sich gegenseitig. Andere hingegen sollte man sogar zusammen aussäen, zum gegenseitigen Schutz vor Schädlingen oder weil diese Pflanzen sich gegenseitig in der Nährstoffversorgung unterstützen.
So ist das auch bei uns Menschen – mal ganz flapsig ausgedrückt. So wichtig es ist, so wenig achten viele darauf.
Warum ist es so wichtig, auf das eigene Umfeld zu achten?
Warum sollte ich also schauen, wie mein Umfeld aussieht und vor allen Dingen auf andere Mitmenschen bezogen: Warum sollte ich schauen, mit wem ich meine Zeit verbringe, wem ich meine Zeit und Aufmerksamkeit schenke?
Es ist wie mit den Pflanzen: Mit dem richtigen Umfeld kann sie wachsen, ein anderes tötet sie.
Nun sterben wir nicht gleich, nur weil wir uns mit den “falschen” Menschen umgeben – das läuft subtiler ab. Dadurch wird es aber auch oft schwer die Dynamiken zu durchschauen, oder gegebenenfalls verändern zu können.
Ein falsches Umfeld – Was könnte das überhaupt bedeuten?
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir als Menschen danach streben uns stets weiter zu entwickeln. Jeder hat dabei aber auch seine eigene Geschwindigkeit oder entwickelt sich in gänzlich andere Richtungen als man selbst.
Ein sog. “falsches” Umfeld hindert einen selbst an der eigenen Entwicklung.
Solltest Du Dich zum Beispiel mehr und mehr davon entfernen, Dich als Opfer der Umstände zu erkennen. Hörst Du auf, andere Personen und Situationen für Dein Leben verantwortlich zu machen. Du beginnst Deinen eigenen Handlungsradius zu erkennen und zu erweitern.
Doch wie weit verbreitet sind noch die Annahmen, dass die da oben, oder allgemein die anderen oder der Staat per se oder die eigene Herkunftsfamilie oder der Ex-Ex-Partner für dieses oder jenes schuld sind, dass man selbst unglücklich ist oder nicht weiterkommt – man könne ja nicht anders, weil die oder der…
Besteht Dein Umfeld aus Menschen, die viel so denken, sprechen und eben nicht handeln, wirst Du anecken. Dich wird selbst das schuldig Sprechen der anderen nicht mehr erfüllen und Dein Umfeld wird es auch nicht mögen, dass Du Dich mehr in Richtung Eigenverantwortung entwickelst. Denn damit bist Du das lebende Beispiel für dieses Umfeld, dass es auch anders geht. Die anderen müssten sich ja dann auch ändern. Ganz ehrlich, und nur wenige wollen das tun. Du wirst dann für dieses Umfeld komisch, im Sinne von: Na, Du hast Dich aber verändert…(meist wird das gesagt, wenn man die Veränderung als negativ interpretiert – ja, klar, Du wirst quasi “unbequemer”). Ein Umfeld, das sich nicht ändern will, will lieber Dich in Deiner Entwicklung hemmen (wie zwei Nachbarschaftspflanzen, die sich im Wachstum und des Ertrags unterdrücken).
Bist Du selbst noch nicht ganz gefestigt in Deinem neuen Weg, kannst Du selbst auch immer wieder in die alte Haltung zurückfallen. Vielleicht auch weil Du Dich nicht allein fühlen willst, weil Du Deine Freunde / Dein Umfeld nicht verlieren willst. Du kippst quasi zurück.
Könntest Du Dein Umfeld wechseln, mehr zu Menschen hin, die ebenso in die Eigenverantwortlichkeit streben, dann kannst Du Dein eigenes Wachstum fördern.
Werte ändern sich – das Umfeld passt nicht mehr
Unter anderem nach Graves mit dem Entwicklungsmodell “Spiral Dynamics” können sich unsere kompletten Wertewelten oder wie wir einzelne Werte interpretieren und welche Wichtigkeit sie in unserem Alltag einnehmen weiterentwickeln und immer mehr und komplexere Perspektiven einnehmen. Es kann sein, dass Dein Umfeld diese Weiterentwicklung (noch) nicht vollzogen hat. Die Werteverschiebung oder neue Bedeutungsgebung wird von dem Teil Deines Umfelds, das sich nicht weiter entwickleln will, nicht sonderlich begrüßt – wieder die unterschwellige Angst, Freunde zu verlieren. Oder aber man lehnt die “alten” Freunde selbst ab und will sich sogar abwenden.
Wie krass muss ein Umfeldwechsel verlaufen, wenn Du Dich in Deiner Entwicklung nicht bremsen lassen willst?
Meine Antwort: Das kommt darauf an.
In einem stark Drogen lastigen Umfeld ist es existenziell wichtig, den Schnitt radikal zu vollziehen, will man selbst nicht mehr den Drogen verfallen. Jedem, der einen Drogenentzug macht, wird dringendst geraten, das Umfeld komplett zu ändern, um selbst den Drogen zu widerstehen. Andernfalls droht ein Rückfall, weil eben das alte Umfeld die Änderung ja selbst nicht will und einen selbst lieber wieder als ebenfalls Drogen Nehmender “behalten” will. Solange in so einem Fall die eigene Persönlichkeit nicht fest genug ist, könnte man immer wieder zurückfallen.
Dieses Beispiel mit Drogen ist auch deswegen so wichtig, denn hier wird jedem klar sein, dass der Umfeldwechsel absolut ansteht. Bei Werten und einer persönlichen Entwicklung sind die Abläufe subtiler, aber von der Essenz her genau dasselbe.
Aber bei mir ist es ja nur der Kegelclub – soll ich den jetzt hinter mir lassen?
Mit Kegelclub greife ich jetzt nur ein Beispiel heraus. Du kannst es einfach z.B. mit Deinem Hobby machen und der Clique, die das widerspiegelt.
Ja und Nein, aber zunächst mal ja – Du solltest es hinter Dir lassen. Denn wie beim Drogenjunkie, der davon weg will, könnte der Kegelclub immer wieder ein Flashback erzeugen, oder Dich selbst sogar langweilen, weil Du erkennst, dass hier nichts weiter geht, immer die alten Kamellen erzählt werden und einfach alles so bleiben soll wie “immer”.
Wichtig ist zu erkennen, wie viel Zeit dieser “alte Freundeskreis” proportional Teil Deiner Lebenszeit ist. Ist der Anteil groß, drängt es Dich zu einer Veränderung, wird zwangsläufig der Kontakt dort weniger werden.
Kannst Du aber Deinen alten Kegelclub wertschätzen, als das was er mal für Dich war, kann es auch schön sein, weiterhin Teil davon zu sein, aber eben nicht mehr. Es kann sein, dass Du die lange gemeinsame Zeit wertschätzen willst, es kann sein, dass Du damit jugendliche Anteile in Dir dadurch noch nähren möchtest oder was auch immer.
Du solltest Dir nur Deiner eigenen Motive bewusst sein, und welchen Teil Du eben dadurch noch nähren möchtest, auch wenn das nicht mehr alles von Dir abbildet.
Vielleicht wird es dann wie ein Eintauchen in alte Zeiten, die nimmst Du mit, Du hast einen kurzweiligen Nachmittag, aber in die Tiefe geht es eben einfach nicht (mehr).
Dafür ist Dein erweitertes Umfeld wichtiger, in dem Du Deine neuen Sichtweisen, Werte und Themen austauschen kannst.
Du bist die Mischung aus den 5 Menschen um Dich herum, mit denen Du am meisten zu tun hast.
Diese Aussage lässt sich bei vielen Erfolgstrainern finden und sollen Dir vermitteln, dass wenn Du Erfolg haben möchtest, Deine 5 wichtigsten Menschen eben nicht erfolglose Menschen sein sollten, damit Du selbst erfolgreich sein kannst. Quasi wer sich mit Losern umgibt, wird oder bleibt selbst Loser. Diese Aussage hat durchaus eine Wahrheit, jedoch hinkt diese auch etwas.
Denn zu diesem Erfolgstrainer-Satz kommt mit 100%-tiger Sicherheit noch hinzu: Wenn Du selbst erfolgreich sein willst, umgebe Dich mit Menschen, die erfolgreicher sind als Du.
Hier geht die Rechnung nicht auf. Denn wenn man einerseits der Durchschnitt der 5 Menschen um sich herum ist, und man nach diesen Erfolgscoaches sich nicht mit erfolgloseren Menschen umgeben soll, sondern mit erfolgreicheren: Dann bist Du doch für den Erfolgreichen in dessen Leben nicht wünschenswert, weil Du dessen Durschnitt quasi senkst!
Wo die Regel wieder aufgeht, wenn klar ist, dass man sich für sein Thema einen kompetenten Coach oder Begleiter sucht, hier sind die Ebenen klar und sind damit nicht Teil der “5-Menschen-Durchschnittsregel”.
Diesen Teil vergessen klassische Businessspeaker oder -Trainer immer wieder und setzen damit radikale Regeln in die Köpfe der Zuhörer.
Dennoch haben sie mit der Aussage auch Recht, denn man ist durchaus der Durschnitt der wichtigsten Menschen um einem herum. Mir geht es dabei aber nicht nur um die Zeit, die man diesen Menschen verbringt – auch wenn die Zeit ein hoher Faktor ist. Doch ich binde auch die Menschen mit ein, die zeitlich nicht immer am präsentesten sind, aber inhaltlich nachhaltigsten Eindruck in mir hinterlassen. Also z.B. welchen Freund siehst Du nur 2-3 mal im Jahr, aber die Zeit, die ihr habt, die Gespräche, die ihr führt, sind die, die Dir emotional am meisten in Erinnerung bleiben. Oder genau die Gespräche mit dieser Person, die Dich am meisten nähren oder dazu führen, dass Du Dir und Deiner Entwicklung treu bleibst?
Was ist, wenn das hemmende Umfeld die eigene Familie ist?
Ja, die eigene Kernfamilie ist natürlich eine große Herausforderung. Auch dazu gibt es keine Pauschal-Antwort. Hierbei schaue ich immer genau bei einem Kunden, was vorliegt, welche Dynamiken es gibt. Denn es kann die ganze Bandbreite einnehmen, von einem radikalen Kommunikationsstopp bis hin zu bewussten Kompromissen, die man eingehen kann, ohne sich selbst dabei zu verraten. Das hängt von der Vorgeschichte ab, das hängt von der Fähigkeit ab, inwieweit man seine Kernfamilie für bestimmte Aspekte (wie den Kegelverein) dennoch wertschätzen kann, und das Herz dann die Verbindung trägt. Inwieweit man selbst dennoch schon gut für sich und eine gute Abgrenzung innerhalb der Beziehungsgeflächte sorgen kann, u.s.w.
Schnell kommt auch hier eine Sehnsucht nach einfachen Lösungen, die es durchaus geben kann, aber gerade dann kommen, wenn man auch viele Grautöne dazwischen zulassen kann. Und je nach Stand der eigenen Entwicklung ist das nicht immer sofort möglich, sondern eventuell erst nach etwas Abstand. Es gibt Dynamiken wie Gewalt und akuten Mißbrauch, in denen es auch nicht das verwandschaftliche Band entschuldigen könnte, sich dem länger auszusetzen.
Genau deswegen sind viele innere Fragen oder der gemeinsame Weg mit einem Coach so wichtig, um punktuell für die Situation für die eigene Entwicklung auch im Bereich des Umfelds ehrliche, tragfähige Entscheidungen und Schritte anzugehen.
Und vielleicht kommt dann auch noch im nächsten Folgeschritt die innere Arbeit dazu mit Fragen wie: Wie kann ich allein, für mich selbst ein gutes Umfeld für mich sein? Und, wie kann ich selbst durch meine Haltung, durch mein Mitgefühl, durch meine Wertschätzung für andere ein gutes Umfeld werden? Denn Du bist für Dein Umfeld, selbst ein Umfeld…
Alles Liebe,
Natascha
Du möchtest regelmäßig Impulse? Dann abonniere meinen kostenfreien Newsletter! Hier kannst Du Dich anmelden…
Über Natascha Pfeiffer
Natascha Pfeiffer, Expansion Method Practitioner und Groupleader, Co-Founder der Agentur PRand communication in Augsburg. Einzel- und Gruppenarbeit in Augsburg und via Skype.