Owai! Dafür braucht man auch noch Mut?!?!?!
Fürs Fühlen? Fürs Fühlen braucht man Mut – wirklich?
Wie viel Mut Du brauchst das weiß ich nicht. Und auch wenn viele von sich glauben, recht gut fühlen zu können, hat mir das sich neigende 2015 auf so vielen Ebenen und Begegnungen oft etwas anderes gezeigt.
Freude, Liebe, Leichtigkeit – all das sind Gefühle, die man leicht fühlen kann (meistens zumindest).
Doch was ist mit den Gefühlen, die man nicht so gerne hat, die man ablehnt, die man aus gesellschaftlichen Gründen, gelernten Mustern nicht so gerne fühlt?
Ja, von denen schreibe ich!
Und meistens habe ich erlebt, dass es mir und anderen Mut abringt, dieses Gefühle auch zu fühlen.
Warum fällt es uns denn schwer z.B. Neid zu fühlen?
Da kann wahnsinnig schnell der sozialisierte Verstand kommen und sagen: „Neid, das ist kein gutes gesellschaftliches Gefühl – das solltest Du lieber lassen. Das gehört sich doch in unseren gut gehenden Gesellschaft nun wirklich nicht.“
Da kann wahnsinnig schnell unsere spirituelles Ich kommen und uns beschwichtigen: „Wir sind doch alle eins. Neid ist kein liebevolles Gefühl, das solltest Du als spirituelles Wesen nicht fühlen – komm, jetzt denk an etwas positives!“
Da kann die innere Bestrafungsstimme kommen und Dich innerlich niedermachen: „Jetzt hast Du es immer noch nicht kapiert, dass Du Dich nicht mit anderen vergleichen solltest. Ist dich klar, dass Du dann hin und wieder neidisch wirst. Lass das endlich. Das macht nur wieder miese Stimmung und daran bist Du natürlich mal wieder selbst Schuld! Toll gemacht! Prima!“
Kennst Du noch weitere Stimmen, die vielleicht in diesem Beispiel auftauchen können?
Diese Stimmen tauchen auf, um etwas im ersten Moment authentisches in Dir abzuwürgen – es dich nicht fühlen zu lassen. Das Gefühl von Neid wird überlagert mit Stimmen, wird „zerdacht“, wird weg gedrängt, es wird irgendwie eingekapselt.
Und hier kommt der Mut ins Spiel: Sei mutig wider all dieser Stimmen, das zunächst abgelehnte Gefühl trotzdem zu fühlen!
Jetzt ist die Chance da, alten Verhaltensmustern kurz den Wind aus den Segeln zu nehmen, die vermeiden wollen, dass Du das fühlst, dass Du Dich mit Deiner aktuellen Wahrheit des Neid-Empfindens auseinandersetzt.
Wider des inneren Gebots: Ich darf nicht neidisch sein.
Und nach Byron Katie: Ist das wahr? Ist es absolut wahr, dass Du niemals neidisch sein darfst?
Fakt ist, Du bist es gerade…und der Fakt, dass Du es bist und die innere Annahme, dass Du es nicht sein dürftest, machen Dir letztlich nur Stress. Nimmt Dir Raum, als ihn Dir zu geben.
Frage Dich: Was passiert, wenn ich an dem Gedanken festhalte: Ich darf nicht neidisch sein.
Vielleicht verkrampft sich Dein Körper irgendwo.
Vielleicht kommen Dir Bilder hoch, dass Du doch besser sein willst als die anderen, und dass sich das auch darin äußerst, dass Du eben nicht neidisch sein willst.
Vielleicht erkennst Du Muster und alte Bilder aus Deiner Familie oder allg. Deiner Vergangenheit, wo das Thema Neid immer schon eher konfliktbehaftet war. Und das darfst Du Dir jetzt einfach anschauen – Du musst nichts daran ändern (abgesehen davon ist die Vergangenheit eh schon passiert.)
Eine Frage an Dich: Wie gehe ich mit mir um, wenn ich den Gedanken in mir trage, ich darf nicht neidisch sein, bin es aber hin und wieder trotzdem.
Finde Deine ganz eigenen Antworten auf diese Fragen.
Könnte die Umkehrung „Ich darf neidisch sein.“ vielleicht genauso wahr sein?
Natürlich kann sie genauso wahr sein. Denn die Wahrheit ist das Leben und in diesem Leben ist es eben genauso wahr, dass Du es eben manchmal bist.
Wofür könnte es sogar gut sein, dass Du hin und wieder neidisch bist?
Vielleicht erkennst Du einfach eine eigene Art darin, dass Dir durch Neid Dein Inneres kommunizieren will, dass DU etwas Bestimmtes, oder eine bestimmte Umgebung, einen bestimmten Zustand auch haben willst – und Neid einfach eine Wahl der Mittel war, damit Du es merken kannst. Vielleicht hättest Du es auf andere Weise nicht gemerkt, dass hinter dem Neid ein ehrlicher Wunsch von „Ich will auch.“ stecken darf.
Vielleicht erkennst Du, dass Neid Dich auch manchmal positiv antreibt, etwas in Deinem Leben zu verändern.
Sicher ließen sich auch dafür Beispiele finden. Deine ganz eigenen.
Dies war jetzt nur ein Beispiel von unterdrückten Gefühlen.
Manche Gefühle brauchen vielleicht noch mehr Mut, oder mehr Achtsamkeit.
Manche Gefühle sind so zart und machen einem doch auch Angst, weil sie auf ihre ganz eigene Art und Weise auf eine Wahrheit hindeuten, die wir in dem Moment nicht wahr haben wollen.
Was ist mit Gefühlen, die sich z.B. in zwischenmenschlichen Beziehungen verändert haben?
Da war es quasi bis gestern noch die beste Freundin und über die Jahre konnte man sich nie wirklich eingestehen, dass man sich gar nicht mehr so viel zu sagen hat. Es muss nicht mal einen Streit gegeben haben. Es ist einfach das Leben passiert und jetzt ist man sich nicht mehr so nah. Man will es nicht wahrhaben, hat man doch seit der Grundschule einen so langen Weg gemeinsam beschritten.
Darf ich eine langjährige Freundin einfach so nicht mehr als die eine beste Freundin empfinden?
Was kommt da in Dir hoch?
Und wie oft trifft man sich innerlich verkrampft, vielleicht sogar beide gleichermaßen und keiner will weder sich selbst gegenüber noch gegenseitig offen sein, dass es sich verändert hat, dass man sich aktuell gerade nicht so gerne trifft, dass man an etwas festhält das wunderschön mal eine Zeit war und es jetzt eben nicht mehr ist…
Wie stressig wäre das der Glaubenssatz, dass man das doch hinkriegen müsste!
Oder der Glaubenssatz, dass man andere mit seiner Wahrheit nicht verletzen dürfte.
Denn oftmals fühlen wir doch ein wenig, wo es längst hin gehen sollte, doch wir TUN es nicht, weil wir die Konsequenzen befürchten, weil wir doch niemanden verletzen wollen, weil wir Angst haben, dass wir dann Vorwürfe bekommen, dass wir unseren Status quo, dass wir immer nett und harmonisch sein müssten, verlieren…
Und da kommt wieder der Mut auf den Tisch.
Auch hier ist „The Work“ von Byron Katie ein wunderbarer eigener innerer Prozess, der einen zu sich selbst bringt, der einem erlaubt, das zu fühlen, was man gerade fühlt, eins zu sein mit der Wahrheit, die gerade angeklopft hat.
Ich wünsche uns allen viel mehr diesen Mut – zu fühlen. Gefühle, als Schatz zu sehen, gerade die, die wir nicht so gerne anschauen wollen und ein inneres Gespräch mit ihnen zu führen.
Ich wünsche uns Mut, dass wir Ecken und Kanten haben, dass wir mutig uns zumuten!
Über Natascha Pfeiffer
Natascha Pfeiffer, Expansion Method Practitioner und Groupleader, Co-Founder der Agentur PRand communication in Augsburg. Einzel- und Gruppenarbeit in Augsburg und via Skype.