FRIEDE, FREUDE, SONNENSCHEIN…
Wenn alles so einfach in der Beziehung läuft, dann kann man sich kaum vorstellen, dass auch mal richtig heftig werden kann.
Es ist leicht dem anderen einen kleinen Fehler zu verzeihen, es ist leicht sich gegenseitig zu sagen „Ich liebe Dich“, wenn alles okay ist, alles irgendwie funktioniert.
Wir ahnen alle, dass dies vielleicht kein Dauerzustand ist, verdrängen aber oft die Dynamik, dass nicht immer die Sonne scheinen wird.
Und ich will damit nicht sagen, dass man sich mit einer unbefriedigten Beziehung mit lauter Streitereien abfinden muss.
Aber es liegt an uns selbst, anders mit Krisen in der Partnerschaft umzugehen.
Es ist unzählige Gründe, warum es zwischen zwei sich liebenden Partnern zu Unstimmigkeiten, Streit oder Auseinanderentwicklungen geben kann. Ich kann hier auch keine vollständige Liste liefern und einen 1a-Plan wie man da wieder rauskommt.
Welche Streitkultur habt ihr?
Doch hast Du mit Deinem Partner schon mal allg. über Eure Streitkultur gesprochen und zwar dann, wenn ihr nicht streitet? Also genau dann, wenn man sich offen begegnen kann?
- Erzählt Euch, wie ihr Euch eigentlich Auseinandersetzungen wünschen würdet.
- Erzählt Euch, wann ihr merkt, offen dem anderen gegenüber zu bleiben.
- Erzählt Euch, wie ihr in eurer Selbstreflexion Euch angegriffen fühlt.
- Erzählt Euch, wie ihr Euren eignen Stop-Code definieren wollt, der besagt: Ich will ganz klar mit Dir darüber reden und ich will dem nicht ausweichen, aber jetzt kann ich gerade nicht…
Es gibt viele Wege sich schon vorher darüber näher zu kommen. Erzählt Euch wie ihr allg. mit Konfliktsituationen umgeht, was Euch in die Enge treibt. Wertfrei, dem anderen nichts aufbürdend, nicht verbessernd dem anderen gegenüber, nur aus der Ich-Perspektive.
Ein „Streitgrund“: Der andere verhält sich nicht so, wie man will. Und man unterstellt dem anderen, würde er oder sie mich lieben, würde er oder sie sich nicht so verhalten.
Ja und Nein. Natürlich versucht man in einer liebenden, lebendigen Beziehung im Grunde nicht bewusst, die Schmerzpunkte das anderen zu drücken. Doch wir alle sind Menschen und sind uns ja oft selbst nicht wirklich über all unsere Erwartungen, die wir auf den Partner projizieren, sicher.
Aber eines ist letztlich klar – man muss selbst aus der Täuschung aussteigen, dass sich Liebe nur so und so zeigen darf, und mit der festen Forderungen, dass wenn der Partner einen lieben würde, dass er es genau so zeigen muss, oder genau dieses oder jenes zu lassen hat.
Eine unreflektierte Seele projiziert nach außen, dass es bedingungslos immer so geliebt werden will, wie man ist. Erwartet aber dann unterbewusst vom Partner, dass das dann nicht so sein darf. Denn genau mit dieser Forderung, dass die Liebe des anderen so oder so sein müsste, verbieten wir im Grunde dem anderen, dass er so sein darf wie er oder sie will. Vielleicht sehen sich hier beide nach absolutem Geliebtwerden. Ent-täusche dich von dieser leidvollen Geschichte. Die Liebe findet in Dir zu Dir statt. Du kannst Dich nur entscheiden, jemanden anderen zu lieben und das heißt in der Wahrhaftigkeit auch, dass es dazu nur einen Menschen braucht, um in Liebe zu sein und das bist Du.
Ich kenne leider viele Paare, die immer noch in dieser Erwartungsschleife stecken.
Wenn er mich lieben würde, dann würde er doch wissen, dass ich dieses jenes zum Geburtstag will.
Wenn sie mich lieben würde, dann würde sie jenes tun und dieses lassen.
So eine Beziehung ist immer wieder auf einer Deal-Ebene: Es läuft also so lange gut, solange man einer Bring-und-Holschuld das Gefühl hat, in Balance zu sein, die sich in etwas 50-50 bewegt.
Ein weiterer Streitgrund kann (mein berühmtes Thema) die Nicht-Achtung des Tempos, des Rhythmus des anderen sein.
Man will im Grunde das selbe, nur man hat nicht das gleiche Tempo. Wieder will oftmals eine Partei quasi den Vorsitz und somit das Tempo für den anderen diktieren.
Streit über Werte: Vielleicht hast Du mit Deinem Partner schonmal über Werte gesprochen. Vielleicht habt ihr auch die selben Werte genannt, die ihr in Euerer Beziehung und in Euerm Leben leben wollt. Doch meint ihr auch das selbe unter diesem Wert? Spannung entsteht dann, wenn der eine z.B. unter dem Wert „Freiheit“ bestimmte Aspekte und Grenzen sieht, diese aber nicht deckungsgleich sind mit dem, was der andere unter diesem Wert versteht.
Die 3 kleinen Beispiele können immer wieder in das selbe münden, dass man auf der Deal-Ebene bleibt, die vielleicht sogar stabile Kompromisse in sich hervorbringen, aber letztlich eine Energie davon haben, innerlich Recht zu behalten. Man beleibt auf dieser Ebene und es geht halt so lange gut, wie jeder sich in seiner Gegenseitigen-Deal-Komfortzone wohl fühlt.
Raus aus der Deal-Ebene hin zu etwas Neuem in der Liebe
Partnerschaft fördert unsere Schattenseite zu tagen, machen Dynamiken klar anders als bei vielen freundschaftlichen Verbindungen, gerade weil man sich noch näher ist, weil man mehr Herausforderungen miteinander meistern will.
Bei vielen Streits oder Spannungen ist es ein nachvollziehbarer Wunsch, dafür sofort eine Lösung haben zu wollen, sofort wieder diesen Freude-Freude-Eierkuchen-Rahmen zu schaffen. Genau deswegen ertappen sich ja auch so viele in faulen Kompromissen. Es ist so schwer aushaltbar, dass man für bestimmte Lösungen aktuell keine Lösung hat, also greift man auf alte Lösungsmuster zurück. Weil der Aushalt-Schmerz scheinbar zu groß ist. Und ja das ist er manchmal.
Es kann so viel erleichtern, wenn sich beide Partner eingestehen: Fuck, wir haben hier jetzt gerade echt ein Problem.
Mir geht es damit nicht gut, Dir geht es damit nicht gut und wir wissen gerade beide nicht aus unserem Erfahrungsschatz, wie wir damit umgehen sollen. Vielleicht wohnt man auch zusammen. Und keiner von beiden kann es gut aushalten, sich gegenseitig dann so in der Wohnung begegnen. Fein: Dann schlaft eine Nacht wo anders. Außerhalb oder einfach nur im anderen Zimmer. Aber tut das nicht aus reinem Trotz, um ein Zeichen zu setzen – das sind wieder alte Muster.
Wenn ihr wirklich das Gefühl habt, dass ihr trotz dieser Spannung gerade im Grunde genommen in Liebe seid. Dann kann das gegenseitige Eingestehen, dass es beide eben gerade nicht wissen, trotzdem wieder Nähe schaffen. Wenn beide wissen, dass das z.B. kurzzeitig getrennte Schlafen kein Nein zur Person an sich ist, kein Nein zur Beziehung, sondern einfach nur um sich Raum zu geben, um sich erstmal selbst zu reflektieren, um wieder in seinen Rhythmus zu kommen, dann hat diese räumliche Trennung für die emotionale Nähe keine Bedrohung.
Es ist Liebe und Respekt gegenseitig, gerade weil beide an einer Lösung interessiert sind, und man Raum schaffen muss für das Neue, weil die alten Muster nicht mehr funktionieren…
…dann braucht es etwas Urweibliches für beide Beteiligten:
Raum und Zeit, um etwas Neues gebähren zu lassen.
- Es braucht Raum und Zeit, um sich über die Prozesse auszutauschen.
- Es braucht Raum und Zeit gerade jetzt auch darüber lachen zu können, wie wir uns selbst vielleicht dabei im Wege stehen.
- Es braucht Raum und Zeit, so dass die Liebe bleiben kann und die Liebe diesen Raum füllt, Ideen für unkonventionelle Lösungen zu finden.
- Es braucht Raum und Zeit, um das jeweilige Tempo des andere zu respektieren.
- Es braucht Raum und Zeit selbst jeder für sich und gemeinsam als Paar in die neue Lösung hineinzuwachsen.
Und wenn ihr dann noch aktivieren könnt, worüber ihr mal gesprochen habt, wie ihr Euch Eure gute Streitkultur wünscht, wie der andere seinen Stop-Code definiert hat, nicht um gegen den anderen zu sein, sondern um wiederum Raum und Zeit für sich zu bewahren, damit man eben nicht aus dem Affekt heraus mit dem Raubtiergedächtnis handelt, dass nur Flucht, Angriff oder Totstellen kennt, dann ja dann steigt ihr aus aus der Deal-Ebene und lasst Euch auf Neuland in einer lebendigen Beziehung ein, die neues schöpft und kreiert. Der Streit, die Spannung, der Konflikt war die Hürde, das zu Lernende, war Eure Mission, um etwas Neues zu erreichen, etwas Tieferes, das größer ist als Du und Dein Partner.
Auch das kann in Konfliktsituationen helfen: Wenn ihr Euch in der Partnerschaft über euer gemeinsames höheres Ziel bewusst seid, kann man ganz schnell auch für sich selbst abklären: Ist das, was hier jetzt gerade läuft einfach noch ein altes Muster? Bin ich einfach nur gerade gestresst und neige zum Flucht-, Angriffs- oder Totsell-Reflex? Bringt das wirklich unsere gemeinsame Vision ins Wanken? Steht das in Relation? Viele Punkte müssen dann erst garnicht als klassischer Streit enden. Bei anderen Entwicklungen und Dynamiken, die erstmal aus einer Spannung heraus entstanden sind, weil es dazu eben keine alt-her-gebrachte Lösung mehr gibt: Wünsche ich Euch viel Kraft, aber auch einfach pure Neugierde des sich Auf-einander-Einlassens, wenn ihr durch Raum und Zeit und in sich ehrliches Hineinhören und sich gegenseitiges Mitteilen (nicht Überzeugen wollen) neue Wege, neue Lösungen und neue Intimität zu kreieren.
Über Natascha Pfeiffer
Natascha Pfeiffer, Expansion Method Practitioner und Groupleader, Co-Founder der Agentur PRand communication in Augsburg. Einzel- und Gruppenarbeit in Augsburg und via Skype.